4 Erkenntnisse aus dem Aktionärsbrief von Warren Buffett

Am 24. Februar 2024, hat Warren Buffett den diesjährigen Aktionärsbrief von Berkshire Hathaway veröffentlicht, der wie jedes Jahr in Investorenkreisen mit Spannung erwartet wurde. Insbesondere durch den Tod seines langjährigen Partners Charlie Munger war das Interesse groß, ob und inwieweit er dieses Schicksal in seinem Schriftstück behandelt.

Grundsätzlich war der Brief mit 16 Seiten deutlich länger als seine Vorgänger und hat einen deutlich negativeren und kritischeren Ton angeschlagen als üblich. Über diesen Link gelangt ihr direkt allen Briefen von Berkshire Hathaway.

Blicken wir nun auf die vier aufschlussreichsten Erkenntnisse: 

1.     Charlie Munger: Der Architekt von Berkshire Hathaway

„In reality, Charlie was the architect of the present Berkshire, and I acted as the general contractor to carry out the day-by-day construction of his vision”. – Warren Buffett

Warren Buffett widmet seinem kongenialen Partner Charlie Munger, der am 28. November 2023, 33 Tage vor seinem 100. Geburtstag verstorben ist, die erste Seite des Briefes. In seiner Hommage beschreibt Buffett, dass Charlie Munger, die grundlegende Blaupause für Berkshire Hathaway skizziert hat.

Bevor sich Buffett und Munger im Jahr 1959 in Omaha kennenlernten, war Buffett, geprägt durch seinen Mentor Ben Graham, ein Value Investor im klassischen Sinne. Er identifizierte Unternehmen, die quantitativ unterbewertet waren. Qualitative Merkmale wie die Kompetenz des Managements, die Wachstumsaussichten und Marktposition des Unternehmens stellten nur eine untergeordnete Rolle dar. Buffett investierte in seinen frühen Jahren ausschließlich in Aktien, deren Marktwert deutlich unter dem bilanziellen Buchwert des Unternehmens lag. Sobald sich die Diskrepanz geschlossen hatte, verkaufte Buffett die Aktien mit Gewinn und begab sich erneut auf die Suche nach günstigen Chancen. Dies war seinerzeit zwar sehr lukrativ, stellte Buffett jedoch vor ein Problem. Je größer das Kapital, das unter seiner Verwaltung stand, desto schwieriger wurde es, statistisch unterbewertete Unternehmen zu identifizieren, da diese Unternehmen in der Regel klein und obskur waren.

Erst durch den Einfluss von Charlie Munger hat Buffett seine Investment Philosophie dahingehend modifiziert, in qualitativ hochwertige Unternehmen zu investieren, die ihren Wert langfristig und nachhaltig steigern können. Das erste Investment, das gemäß der neuen Investment Philosophie getätigt wurde, war See’s Candies. See’s Candies, ein Pralinenhersteller aus Kalifornien, war ein hervorragendes Unternehmen mit einer starken Marktposition und einer ausgeprägten Preissetzungsmacht. Gemessen am Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) war es jedoch keineswegs günstig. Der Kauf des Unternehmens war für Berkshire ein voller Erfolg. Das Unternehmen ist bis heute Teil des Berkshire Portfolios. Später folgten weitere, erfolgreiche Investitionen in qualitativ hochwertige Unternehmen wie Coca-Cola oder American Express.

Man kann mit Recht behaupten, dass Berkshire Hataway ohne den Einfluss von Charlie Munger nicht das Unternehmen wäre, das es heute ist.

2.     Ein Irrsinn der Rechnungslegung

Die Grundsätze der Rechnungslegung dienen dazu Investoren, Aufsichtsbehörden sowie der Öffentlichkeit ein möglichst akkurates Bild über die betriebswirtschaftliche Situation eines Unternehmens zu zeichnen. Diese Grundsätze sind allgemein gültig und anwendbar, ohne Rücksicht auf die individuellen Gegebenheiten einzelner Unternehmen zu nehmen.

Eine bestimmte Rechnungslegungsnorm ist Buffett ein Dorn im Auge. Unternehmen sind verpflichtet dazu die jährlichen Veränderungen ihrer Wertpapierportfolios dem Gewinn beziehungsweise Verlust des Unternehmens zuzurechnen. Bei Unternehmen, wie Berkshire Hathaway, die gemessen an ihrer Marktkapitalisierung über ein großes Wertpapierportfolio verfügen, kann dies zu teilweise kuriosen Ergebnissen führen. Der Gewinn von Berkshire lag 2021 bei $90 Milliarden, 2022 stand ein Verlust in Höhe von $23 Milliarden zu Buche und im Jahr 2023 verzeichnete Berkshire einen Gewinn von $96 Milliarden. Zum Jahresende hatte das Portfolio von Berkshire einen Wert von $353 Milliarden. Eine Schwankung des Portfolios um lediglich 1 %, verändert den Gewinn des Unternehmens um $3,53 Milliarden. Das Problem liegt laut Buffett darin, dass die Aktienmärkte sehr volatil sein können. Schwankungen basieren kurzfristig nicht auf fundamentalen Entwicklungen der Unternehmen, sondern auf den Emotionen der Marktteilnehmer. Diese kurzfristigen Schwankungen führen dann zu verfälschten, buchhalterischen Gewinnen bzw. Verlusten, obwohl kein Gewinn oder Verlust realisiert wurde. Buffett rät daher das operative Geschäft und das Aktienportfolio getrennt voneinander zu bewerten, um den Gesamtwert des Unternehmens beurteilen zu können.

3.     Können Elefanten tanzen?

Berkshire ist gemessen am Eigenkapital bei Weitem das größte Unternehmen der USA. Zum Jahresende hat das Eigenkapital 561 Milliarden Dollar betragen. Das sind nahezu 6 % des gesamten Eigenkapitals aller Unternehmen des S&P 500. Als Warren Buffett 1965 Berkshire Hathway erwarb, lag das Eigenkapital des Unternehmens bei mickrigen 22,1 Millionen Dollar. Dementsprechend stieg das Eigenkapitals von Berkshire unter Buffetts Regie um sagenhafte 19,1 % pro Jahr. Eine derartige Entwicklung ist in Zukunft laut Buffett ausgeschlossen. Der Teich, indem Berkshire fischt, ist schlichtweg zu klein geworden, um Jahr für Jahr genug Kapital investieren zu können, um das Eigenkapital maßgeblich steigern zu können. Dennoch ist Buffett davon überzeugt den Wert des Unternehmens im Vergleich zum S&P 500 langfristig überproportional steigern zu können – wenn auch nur marginal.

4.     Die nicht so geheime Geheimwaffe von Berkshire Hathaway

„Though the stock market is massively larger than it was in our early years, today’s active participants are neither more emotionally stable nor better taught than when I was in school”. – Warren Buffett

In den Fachmedien wird häufig suggeriert, dass die Märkte durch das Internet und den barrierefreien Fluss von Informationen deutlich effizienter geworden sind. Demnach kursieren die Aktienpreise näher an ihrem intrinsischen Wert und es gibt weniger Möglichkeiten für die Investoren Preis-Wert-Diskrepanzen auszunutzen. Buffett beschreibt in seinem Brief, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Er erläutert, dass durch die ständige Stimulation der Medien sowie die Einfachheit mit der heutzutage Aktien gehandelt werden können, die Aktienmärkte zunehmend einem Kasino ähneln. Auch wenn es unvorhersehbar ist, wann die nächste Panik ausbricht, ist es gewiss, dass es auch zukünftig zu irrationalen Preisausschlägen kommen wird.

Für den ambitionierten Investor gilt es den strategischen Weitblick zu wahren und die Irrationalität der Märkte pragmatisch und rational für sich zu nutzen.

 

 

 

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Aktienrückkäufe: Fluch oder Segen?

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